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Anwalt Arbeitsrecht: Welche Formulierungen sind im Arbeitszeugnis erlaubt?

Hinweise und Tipps zum Arbeitszeugnis – Gestaltung in Tabellenform und Schulnoten.

Ein gutes Arbeitszeugnis ist für den Fortgang und zukünftige Berufschancen sehr wichtig und hilfreich. Karriereberater empfehlen Angestellten grundsätzlich alle drei bis fünf Jahre ihre Arbeitsstelle zu wechseln. Neben den üblichen Unterlagen wie Anschreiben, Lebenslauf und Urkunden von Ausbildung und Weiterbildungen sind für viele Personaler Arbeitszeugnisse von großer Bedeutung und Relevanz.

Da sich jedoch beim Inhalt und der Form eines Arbeitszeugnisses kein einheitliches Muster herausgebildet oder dieses gar gesetzlich normiert wurde, sind Inhalts- und auch Formanforderungen immer auch wieder Gegenstand in gerichtlichen Verfahren vor den Arbeitsgerichten.

Was muss laut Gesetz ein Arbeitszeugnis enthalten?

Die Rechtsgrundlage des Anspruchs auf ein Arbeitszeugnis ist in der Gewerbeordnung geregelt und zwar in § 109 GewO.

§ 109 GewO
Zeugnis

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Danach hat ein Arbeitnehmer bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Man unterscheidet noch zwischen einem einfachen Zeugnis und dem qualifizierten Zeugnis.

Inhalt eines einfachen Arbeitszeugnis

  1. Art
  2. Dauer der Tätigkeit
  3. Unterschrift

Inhalt qualifiziertes Arbeitszeugnis

  1. wie bei einfachem Arbeitszeugnis
  2. Leistung
  3. Verhalten

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis kann ein Arbeitnehmer verlangen. Wenn er dies nicht verlangt, erhält er lediglich ein einfaches Arbeitszeugnis.

Da das Zeugnis als Bewerbungsunterlage dazu dient, dem zukünftigen Arbeitgeber ein Bild von dem Bewerber und dessen Leistungen zu vermitteln, müssen die darin gemachten:

  • Angaben der Wahrheit entsprechen (sog. Zeugniswahrheit) und
  • klar und verständlich formuliert (sog. Zeugnisklarheit, § 109 Abs. 2 GewO) sein.

Welche Formulierung und welche Form ist bei Arbeitszeugnissen erlaubt?

Wie ein Zeugnistext formuliert wird oder auch die darin verwendete Ausdrucksweise bleibt dem Arbeitgeber überlassen. Ein Arbeitszeugnis ist jedoch wohlwollend zu formulieren.

So muss statt folgender klar und verständlicher Formulierung „Arbeitnehmer erbrachte überwiegend schlechte Arbeitsleistungen.“ stattdessen wohlwollend wie folgt oder ähnlich formuliert werden „Der Arbeitnehmer bemühte sich, den gestellten Anforderungen im Unternehmen gerecht zu werden.“

Dabei muss jedoch beachtet werden, dass derartige Formulieren nach dem Grundsatz der Zeugnisklarheit nicht mehrdeutig oder unklar sind. Die Beurteilung des Arbeitnehmers muss dennoch der Wahrheit gemäß erfolgen. Auch Geheimcodes in Arbeitszeugnisses soll damit eine Abfuhr erteilt und diese verhindert werden.

Änderung des Inhalts eines Arbeitszeugnis möglich?

Ein Arbeitnehmer kann in der Regel keine inhaltlichen Änderungen am Zeugnistext vom Arbeitgeber verlangen. Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis im Einzelnen zu verfassen. Dem Arbeitgeber wird hierbei ein Beurteilungsspielraum überlassen. Solange das Zeugnis allgemein verständlich ist und nichts Falsches enthält, kann der Arbeitnehmer daher keine abweichende Formulierung oder eine abweichende Gliederung verlangen (vgl. BAG, Urteil vom 15.11.2011, Az.: 9 AZR 386/10). Es empfiehlt sich, bei Meinungsverschiedenheiten oder bestimmten Formulierungswünschen auf den Arbeitgeber zuzugehen und diesen davon zu überzeugen.

Darf ein Arbeitszeugnis Rechtschreibfehler haben?

Wenn ein Arbeitszeugnis mit diversen Schreibfehlern erstellt wurde, könnte dies unter Umständen einen Anspruch auf Berichtigung und Korrektur für den Arbeitnehmer nach sich ziehen. Denn ein derartiges Arbeitszeugnis könnte nämlich beim Leser des Zeugnisses den Eindruck erwecken, dass der Arbeitgeber bewusst sorglos bei der Zeugniserstellung vorging und sich von dessen Inhalt distanziere (LAG Hessen, Beschluss vom 21.10.2014, Az.: 12 Ta 375/14). Dies muss dann jedoch ein Arbeitnehmer nicht mehr hinnehmen und kann eine Berichtigung verlangen!

Darf ein Arbeitszeugnis gefaltet, geknickt oder getackert werden?

Ein nur geknicktes oder gefaltetes Zeugnis wurde noch als zulässig angesehen, solange Knicke und Falten nicht auf Kopien sichtbar sind oder sich auf diesen abzeichnen. Ebenso wurde geurteilt, dass ein mit Heftklammern getackertes Arbeitszeugnis den formellen Anforderungen entspricht (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9.11.2017, Az.: 5 Sa 314/17):

„…stellt es kein unzulässiges Geheimzeichen dar, wenn der Arbeitgeber die Blätter des Zeugnisses mit einem Heftgerät körperlich miteinander verbindet (ugs. „tackert“). Anders als der Kläger meint, gibt es keinerlei Belege dafür, dass ein „getackertes Zeugnis“ einem unbefangenen Arbeitgeber mit Berufs- und Branchenkenntnis signalisiert, der Zeugnisaussteller sei mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen.“ (LAG Rheinland-Pfalz, 5 Sa 314/17)

In der Praxis hat sich vielfach eine gebräuchliche Zeugnissprache herausgebildet, bei welchen eine bestimmte Formulierung die jeweilige Zeugnisnote beigemessen werden kann:

Zufriedenheitsskala nach Zeugnisnote im Arbeitszeugnis

Note 1 (sehr gut) = stets zu unserer vollsten Zufriedenheit

Note 2 (gut) = stets zu unserer vollen Zufriedenheit

Note 3 (befriedigend) = zur vollen Zufriedenheit

Note 4 (ausreichend) = zu unserer Zufriedenheit

Note 5 (mangelhaft) = meist zu unserer Zufriedenheit

Note 6 (ungenügend) = hat sich bemüht

Gibt es einen Anspruch auf eine bestimmte Note im Arbeitszeugnis?

Laut Gesetz besteht nur ein Anspruch auf ein leistungsgerechtes Zeugnis. Daraus folgt jedoch nicht, dass ein gutes oder sehr gutes Arbeitszeugnis ausgestellt werden muss. Auch aus dem Grundsatz des Anspruchs auf ein wohlwollend formuliertes Zeugnis lässt sich nicht schließen, dass dies eine bestimmte Note beinhaltet. So ist lediglich auch ein sehr schlechtes Zeugnis wohlwollend zu formulieren.

Überwiegend werden aber gute, sehr gute oder zumindest durchschnittliche Arbeitszeugnisse ausgestellt. Bei einem durchschnittlichen Zeugnis mit der Note „befriedigend“ ist es dann am Arbeitnehmer, Umstände darzulegen und zu beweisen, die einen bessere Note begründen. Gelingt ihm dies nicht, bleibt es bei der Note 3. Dagegen muss bei unterdurchschnittlicher Leistung (Note 4 – 6) der Arbeitgeber beweisen, dass eine nur mangelhafte und nicht mehr durchschnittliche Leistung vorgelegen hat, ansonsten besteht ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis mit der Note 3 (befriedigend).

Kann ein Arbeitszeugnis auch in Tabellenform erstellt werden?

Mit dieser Frage hatte sich auch das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 27.04.2021, Az.: 9 AZR 262/20) zu beschäftigen. Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer ein Zeugnis in Form einer Tabelle ausgestellt:

Verhaltensbeurteilung                 teambereit und gruppenorientiert,                            befriedigend

– zu Gleichgestellten:                                                                                                                  befriedigend

– zu Einzuweisenden                                                                                                                  befriedigend

– zu Vorgesetzten:                        höflich und zuvorkommend,                                          sehr gut

usw.

Die Inhalte genügen zunächst den gesetzlichen Anforderungen, nämlich der Bewertung der Leistung gegenüber Kollegen und Vorgesetzten.  Dennoch erteilte das BAG dieser Zeugnisdarstellung eine Abfuhr und begründet dies wie folgt:

„Die zur Erreichung des Zeugniszwecks erforderlichen individuellen Hervorhebungen und Differenzierungen in der Beurteilung lassen sich regelmäßig nur durch ein im Fließtext formuliertes Arbeitszeugnis angemessen herausstellen. (BAG, Urteil vom 27.04.2021, Az.: 9 AZR 262/20)“

So ist der Arbeitgeber zwar weiterhin vollkommen frei in der Formulierung, jedoch hat das BAG eine Grenze bei der Verwendung einer Tabelle gezogen und diese Form einer Zeugniserstellung abgelehnt.

Habe ich Anspruch auf eine Schlussformel im Zeugnis?

Häufig wünschen sich Arbeitnehmer ein Bedauern im Arbeitszeugnis oder zumindest eine wohlklingende Schlussformulierung (Grund, Bedauern, Dank, Zukunftswünsche). Solche Abschlussformeln können wir folgt lauten:

Grund = „AN verlässt uns auf eigenen Wunsch, …“

Bedauern = „wir bedauern diese Entscheidung sehr bzw. eine(n) so engagierte(n) und motivierte(n) AN zu verlieren…“ 

Dank = „und bedanken uns für die gute Zusammenarbeit“

Zukunftswünsche = „für die Zukunft wünschen wir viel Erfolg und alles Gute“

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, ist der Arbeitgeber jedoch nicht dazu verpflichtet, im Schlusssatz des Zeugnisses persönliche Empfindungen, wie Bedauern, Dank oder gute Wünsche, zum Ausdruck zu bringen. Auch wenn ein Arbeitnehmer mit bestimmten Formulierungen in der Schlussformel nicht einverstanden ist, so gilt auch hier, dass kein Anspruch auf eine bestimmte Formulierungen oder eine Ausdrucksweise besteht.

Dies ist herrschende Meinung des BAG, denn ein Arbeitnehmer hat gesetzlich keinen Anspruch auf Ergänzung oder Umformulierung, sondern auf ein Zeugnis ohne jeden Schlusssatz (vgl. BAG 11.12.2012, Az.: 9 AZR 227/11; LAG Rheinland-Pfalz, Az.: 5 Sa 264/16).

Sie haben eine Kündigung erhalten und benötigen sofortige Hilfe? Lesen Sie auch Anwalt für Arbeitsrecht: Tipps und Hinweise bei Erhalt einer Kündigung

Tipps und Vorgehen vom Anwalt bei schlechtem Arbeitszeugnis!

  1. Suchen Sie zunächst IMMER das Gespräch mit dem Arbeitgeber bzw. der Personalabteilung – manchmal lassen sich einzelne Formulieren schnell verändern und aus der Welt schaffen.
  2. Sie sollten eigene Wünsche stets selbst formulieren und dem Arbeitgeber vorschlagen, damit machen Sie es dem Arbeitgeber einfacher. Falls Sie dabei unsicher sind, beraten Sie sich wegen der Formulierungen zuvor mit einem Anwalt für Arbeitsrecht.
  3. Sichern Sie zudem Beweise (Personalakte, Lob vor Kollegen erhalten – Zeugen, Beförderungen, Gehaltserhöhungen oder Sonderboni). Damit Sie auch bei Streit und in einem Gerichtsverfahren belegen und beweisen zu können, dass Sie Anspruch auf ein gutes oder sogar sehr gutes Arbeitszeugnis haben. Denn der Arbeitnehmer hat derartige Umstände in einem Verfahren vorzutragen und auch zu beweisen, gern unterstützen wir Sie hierbei.

Zeugnis vom Arbeitgeber erhalten? Anwalt für Arbeitsrecht prüft und hilft!

Wir beraten Sie kompetent und zuverlässig rund um Fragen und in Zusammenhang mit einem Arbeitszeugnis und vereinbaren zeitnah ein Beratungsgespräch. Profitieren Sie von unseren mehrjährigen Erfahrungen mit Kündigungen und lassen Sie sich professionell vertreten. Kontakt zu Rechtsanwälten für Arbeitsrecht Leipzig oder per Telefon Anwältin Arbeitsrecht in Leipzig 0341-22522780 oder jederzeit mit unserer Online-Terminvereinbarung einen Beratungstermin im Arbeitsrecht vereinbaren.

Daniel Baumgärtner

Rechtsanwalt

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