Nicht jede Strafanzeige führt automatisch zu einer Anklage oder einem Strafprozess. In vielen Fällen entscheidet die Staatsanwaltschaft, ein Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) einzustellen. Doch was bedeutet das für Beschuldigte – und was für Anzeigeerstatter?
Was regelt § 170 Abs. 2 StPO?
§ 170 Abs. 2 StPO erlaubt es der Staatsanwaltschaft, ein Ermittlungsverfahren einzustellen, wenn sich kein hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten ergibt. Das heißt: Es gibt nicht genügend Beweise, um Anklage zu erheben oder das Verfahren vor Gericht weiterzuführen. Nach einer Prognose wird geprüft, ob es eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung gibt, falls dies nicht der Fall ist, wird nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Der Paragraph und der zu beachtende Wortlaut der Vorschrift lautet auszugsweise:
„Ergibt das Verfahren keinen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, so stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.“
Voraussetzungen der Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO
Die wichtigsten Bedingungen für eine Einstellung sind:
- Kein hinreichender Tatverdacht: Es fehlt an belastbaren Beweisen (z.B. Zeugen) gegen den Beschuldigten.
- Keine öffentliche Anklage: Die Voraussetzung für eine Anklage oder einen Strafbefehl, nämlich eine überwiegende Verurteilungswahrscheinlichkeit, ist nicht gegeben.
- Ergebnis der Ermittlungen: Die Staatsanwaltschaft kommt nach Abschluss der Ermittlungen und der Aktenlage zu dem Schluss, dass ein Verfahren nicht fortgeführt werden soll und stellt das Verfahren ein.
Beispiel aus der Praxis für eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO
Fallbeispiel:
Eine Person wird angezeigt, weil sie angeblich in einem Geschäft eine teure Markenuhr gestohlen haben soll. Die Videoaufzeichnung ist jedoch verschwommen, und die hierzu befragte Zeugin kann sich nicht sicher an das Gesicht erinnern und hat nur einen vagen Verdacht.
Die Staatsanwaltschaft prüft die Anzeige, lässt durch die Polizei Zeugen befragen und sichtet das Beweismittel (Videoaufzeichnung des Uhrengeschäfts). Da kein belastbarer Nachweis vorliegt, dass die beschuldigte Person tatsächlich die Tat begangen hat, wird das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Was bedeutet die Einstellung für den Beschuldigten?
Für die betroffene Person ist die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO in der Regel eine gute Nachricht:
- Kein Strafprozess, keine öffentliche Verhandlung
- Kein Eintrag im Führungszeugnis
- Rechtliche Entlastung
Aber: Die Einstellung ist kein Freispruch, sondern eine verfahrensrechtliche Entscheidung mangels Beweisen. Zudem werden die notwendigen Kosten des Verfahrens nicht erstattet.
Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, wer trägt die Anwaltskosten?
Sollte ein Rechtsanwalt beauftragt worden sein, so trägt der Beschuldigte regelmäßig die Rechtsanwaltskosten seines Anwalts selbst. Anders als bei einem Freispruch (§ 467 Abs. 1 StPO), gibt es für die Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO keine gesetzliche Vorschrift für die Kostentragung.
Rechte des Anzeigeerstatters bei Einstellung des Strafverfahrens
Der Anzeigenerstatter hat das Recht, gegen die Einstellung Beschwerde einzulegen (§ 172 StPO – sog. Klageerzwingungsverfahren), dies gilt jedoch nur dann, wenn der Anzeigeerstatter auch der Verletzte der Tat ist. Die Frist beträgt zwei Wochen, sofern der Verletzte zuvor über die Frist belehrt wurde.
Allerdings ist eine solche Beschwerde nur in Ausnahmefällen erfolgreich, insbesondere wenn die Staatsanwaltschaft bereits nachvollziehbar dargelegt hat, warum kein Tatverdacht besteht.
Fazit
Die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Strafverfahrensrechts. Sie dient dem Schutz des Einzelnen vor ungerechtfertigter Strafverfolgung und der effizienten Nutzung staatlicher Ressourcen.
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FAQ – Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO
Was bedeutet eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO?
Die Einstellung bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren beendet, weil kein hinreichender Tatverdacht besteht. Es kommt nicht zu einer Anklage.
Ist eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO ein Freispruch?
Nein. Eine Einstellung ist kein Freispruch im juristischen Sinne, sondern eine Verfahrenseinstellung mangels Beweisen. Es erfolgt keine gerichtliche Entscheidung zur Schuldfrage.
Bleibt die Einstellung im Führungszeugnis stehen?
Nein, eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO wird nicht ins Führungszeugnis eingetragen, da es zu keiner Verurteilung kommt.
Kann der Anzeigeerstatter gegen die Einstellung vorgehen?
Ja, der Anzeigeerstatter kann Beschwerde einlegen (§ 172 StPO). In seltenen Fällen kann dies zu einem Klageerzwingungsverfahren führen.
Sollte ich bei fehlenden Beweisen zum Nachweis einer Straftat trotzdem einen Anwalt konsultieren?
Ja, vor allem wenn das Verfahren noch andauert und eine Einstellung fehlt. Denn durch andauernde Ermittlungen könnte es zu einem Reputationsverlust kommen. Ein Anwalt kann zudem Akteneinsicht in die Ermittlungsakte beantragen und die Begründung für eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO prüfen und wird diese umgehend beantragen. Außerdem gibt es mit den §§ 153, 153a StPO weitere Möglichkeiten einer Verfahrensbeendigung ohne Anklage und Gerichtsverfahren, welche ein Rechtsanwalt gleichfalls prüfen und in geeigneten Fällen anregen wird.