zuletzt aktualisiert am 9. Oktober 2024
Gründe und Voraussetzungen für die Gewährung von Haftaufschub gemäß § 456 StPO
Nachdem ein Strafprozess mit einem Urteil beendet wird und dieses rechtskräftig ist, kommt es bei einer Freiheitsstrafe, deren Aussetzung nicht zur Bewährung erfolgt ist, über kurz oder lang zum Haftantritt.
Ladung zum Haftantritt
Die Mitteilung über den Beginn der Haft wird durch die zuständige Staatsanwaltschaft mittels Ladung zum Strafantritt mitgeteilt. In diesem Schreiben wird mitgeteilt, in welcher Justizvollzugsanstalt (JVA) die Freiheitsstrafe verbüßt werden soll.
Die Ladung zum Haftantritt erfolgt in der Regel eine Woche bevor die Haft begonnen werden soll. Daher ist kaum Zeit, um sich genügend um die notwendigen Dinge zu kümmern und vorzubereiten um auch größere Probleme, die sich mit der Haft ergeben, zu verhindern.
Es gibt aber in einem solchem Fall für den Veruteilten bzw. dessen Strafverteidiger Möglichkeiten, einen Haftaufschub zu beantragen. Dies gilt im Übrigen nicht nur bei Verhängung einer Freiheitsstrafe sondern auch bei Geldstrafen. Denn auch bei Nichtzahlung einer Geldstrafe wird eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und diese müsste dann ebenfalls angetreten werden, so dass die Nichtzahlung einer Geldstrafe dann gleichfalls zu einem Haftantritt führt.
Wie kann ein sofortiger Strafantritt erfolgreich verhindert oder verschoben werden – hier finden Sie die Antworten.
Gesetzlich ist der Strafaufschub in § 456 StPO geregelt.
§ 456 StPO Vorübergehender Aufschub
(1) Auf Antrag des Verurteilten kann die Vollstreckung aufgeschoben werden,
sofern durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder seiner
Familie erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachteile erwachsen.(2) Der Strafaufschub darf den Zeitraum von vier Monaten nicht übersteigen.
(3) Die Bewilligung kann an eine Sicherheitsleistung oder andere Bedingungen
geknüpft werden.
Gesetzestext: https://dejure.org/gesetze/StPO/456.html
Wie wird ein Antrag auf Haftaufschub gestellt?
Welche Vorraussetzungen muss ein Antrag auf Haftaufschub erfüllen?
Zunächst ist erforderlich, dass der Antrag (Vertretung durch Anwalt für Strafrecht möglich) durch den Verurteilten selbst gestellt wird.
Ein Strafaufschub kann nur vor Beginn der Vollstreckung der Freiheitsstrafe und nur vorübergehend (bis zu 4 Monate) beantragt werden.
- Antrag auf Haftaufschub muss vor Beginn des Haftantritts gestellt werden
Ein erfolgreicher Antrag erfordert jedoch, dass dem Verurteilten oder seiner Familie durch die sofortige Vollstreckung der Freiheitsstrafe – also den sofortigen Strafantritt – erhebliche Nachteile erwachsen. Als Gründe können daher nur geltend gemacht werden, Tatsachen, aufgrund derer der Verurteilte belegen kann, dass durch die sofortige Haft diesem selbst oder dessen Familie erhebliche Nachteile (z.B. auch finanzieller Art) entstehen.
- nur bei erheblichen Nachteilen für Verurteilten oder seiner Familie, nicht gewöhnliche Haftnachteile
Solche Schwierigkeiten, die sich durch den kurzfristigen Strafantritt ergeben, müssen innerhalb einer absehbarer Zeit von maximal 4 Monaten ausgeräumt und damit die erheblichen Nachteile vermieden werden können.
- erhebliche Nachteile müssen spätestens nach 4 Monaten vermieden werden können
Wie muss ein erfolgreicher Antrag auf Haftaufschub begründet werden?
Urteil zu anerkannten erheblichen Nachteilen für Haftaufschub
Die Nachteile können auch sonstige Härten persönlicher, familiärer oder ideeller Art sein – z.B. schwere Erkrankung der Ehefrau, die nicht allein gelassen werden kann, außerstande ist für die (minderjährigen) Kinder zu sorgen, geschäftlich zwingende Anwesenheit eines Selbstständigen – diese Nachteile müssen allerdings auch erheblich sein. Es besteht jedoch kein Rechtsanspruch für einen Strafaufschub. Zur Familie gehört laut einer Entscheidung des OLG Rostock (OLG Rostock, Beschluss vom 22.07.2014, Az.: 20 Ws 178/14), nicht die Verlobte. Diese könnte nur dann anders gesehen werden, wenn die Hochzeit kurz bevor steht oder bereits gemeinsame Kinder vorhanden sind.
Welche Gründe gibt es für einen Haftaufschub?
Urteile und Entscheidungen für erhebliche Nachteile:
- Notwendigkeit der Einarbeitung eines Vertreters in eigenem Kleinbetrieb
- Termine bei Notar, Ämtern und Behörden zur Abwicklung / Ruhendstellung des Gewerbebetriebs durch Geschäftsführer (LG Rostock, 26.09.2022 – 11 StVK 937/17 (1))
- unangemessen hohe wirtschaftliche Nachteile vergleichbarer Art und Weise (Notlösung für Exitenzgrundlage)
- Ehefrau im Krankenhaus und keine Betreuungsmöglichkeit der (minderjährigen) Kinder
- Abschluss/Zwischenabschluss einer beruflichen Ausbildung (LG Stralsund, Az.: 23 Qs 50/09, https://openjur.de/u/342801.html)
- Abschluss- und Zwischenprüfung während des Studiums (LG Bochum, Az.: 8 Kls 600 Js 439/06, https://openjur.de/u/122789.html)
- Beantragung von Haftaufschub mit gleichzeitigem Antrag der Bewilligung von offenen Vollzug zur Erhaltung des Arbeitsplatzes (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 04.12.2019, Az.: 3 Ws 360/19)
Ein Antrag auf Haftaufschub darf dabei nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil die verhängte Freiheitsstrafe sehr lang ist (OLG Dresden, Beschluss vom 13.09.2013, 2 Ws 483/13).
Die Gründe für den Strafaufschub sollten möglichst genau bezeichnet und bestenfalls mit entsprechenden Belegen und Nachweisen angegeben werden. Nur so wird sichergestellt, dass sich in der Entscheidung über den Haftaufschub mit den Gründen auseinandergesetzt und diese berücksichtigt werden müssen. Andernfalls könnte die ablehnende Entscheidung damit begründet werden, dass die benannten Gründe nicht ausreichend waren bzw. nicht ausreichend belegt worden.
Wie lang kann Gefängnisstrafe mit Haftaufschub aufgeschoben werden?
Strafaufschub laut Gesetz maximal 4 Monate, § 456 Abs. 2 StPO
Absatz 2 der Vorschrift des § 456 StPO bestimmt, dass ein Aufschub nur für einen Zeitraum bis zu 4 Monaten gewährt werden kann. Zwar kann ein bereits gewährter Strafaufschub verlängert werden, dies geschieht jedoch nur bis zum Erreichen des maximal zulässigen Zeitraums von 4 Monaten, sobald also dieser Zeitraum von 4 Monaten seit dem ursprünglichen Haftantritt überschritten werden würde, kann ein Aufschub nicht mehr in Betracht kommen und wird abgelehnt.
Gemäß Absatz 3 kann der Aufschub von einer Sicherheitsleistung oder anderen Bedingung abhängig gemacht werden. Als Sicherheitsleistung wird in der Regel ein Geldbetrag angeboten werden. Es können stattdessen auch eine Passhinterlegung oder das Einhalten von Meldeauflagen in Betracht kommen. Es empfiehlt sich, eine derartige Sicherheitsleistung bereits im Antrag anzubieten.
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Was tun bei Ablehnung des Antrags auf Haftaufschub?
Bei Ablehnung eines Haftaufschubs ist eine Beschwerde möglich
Gegen eine ablehnende Entscheidung kann Beschwerde eingelegt werden, dies auch dann, wenn die Vollstreckung der Strafe bereits begonnen hat und es sich dann um eine Strafunterbrechung handelt. Wichtig ist, dass der Antrag auf Strafaufschub vor Beginn der Vollstreckung der Freiheitsstrafe gestellt wurde.
Eine solche Beschwerde ist auch während des Vollzugs möglich
Fazit zum Antrag eines erfolgreichen Haftaufschubs:
Nicht jede wirtschaftliche mit einem Strafantritt verbundene Benachteiligung rechtfertigt einen Haftaufschub. Es kann jedoch durchaus gewichtige Gründe persönlicher oder wirtschaftlicher Natur geben, die einen Haftaufschub von bis zu 4 Monaten rechtfertigen können. Ein solcher Aufschub muss dann allerdings auch dazu geeignet sein, diese Gründe beseitigen zu können. Die Gründe sollten bereits im Antrag dargelegt und mit Erklärungen oder Schriftstücken und Unterlagen glaubhaft gemacht werden.
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