OLG Celle Beschluss vom 12.04.2019, Az.: 13 W 7/19
Bei urheberrechtlichen Abmahnungen aufgrund von illegalem Filesharing wird von den Rechteinhabern oft angeführt, dass die gesetzliche Deckelung der Anwaltskosten nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG unbillig sei. Obwohl der Gesetzgeber ausdrücklich auch Filesharingfälle erfassen wollte.
§ 97a UrhG (Auszug)
Absatz 3, Satz 2 UrhG
Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 Euro, wenn der Abgemahnte
1. eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und
2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.
…
Satz 2 gilt nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist.
Begründet wird dies zumeist mit dem wirtschaftlichen Erfolg des betreffenden Werkes oder auch den hohen Kosten für die Lizenz aber auch dem enormen Marketingaufwand der es unbillig erscheinen ließe, die Gegenstandswerte auf die gesetzlich festgelegte Höhe für Unterlassung und Beseitigung auf 1.000 EUR zu beschränken. Zum Teil wird die Unbilligkeit auch mit dem engen zeitlichen Zusammenhang der Rechtsverletzung mit der Erstveröffentlichung des Werkes begründet.
OLG Celle: Filesharing als typische Fälle von der Deckelung erfasst
Das OLG Celle hat sich nunmehr im Rahmen eines kürzlich ergangenen Beschlusses (Beschl. vom 12.04.2019, Az.: 13 W 7/19) dazu geäußert. In dem Beschluss befanden die Richter typische Filesharingfälle von der gesetzlichen Deckelung erfasst. Eine Ausnahme komme nur dann in Betracht, wenn der Sachverhalt von einem typischen Fall und dem üblichen Umfang abweicht. Dies sei dann der Fall, wenn besonders viele Rechtsverletzungen vorliegen oder die unerlaubte Zurverfügungstellung in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Erstveröffentlichung des Werkes geschieht. Dies wurde jedoch für den Fall verneint, bei dem seit der Erstveröffentlichung bereits 5 Monate vergangen sind.
Ähnlich entschied auch das OLG Nürnberg und teilte in einem Beschluss (OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.10.2019, Az.: 3 U 1387/19) mit, dass die Anwendung des § 97 a Abs. 3 S. 2 UrhG, nämlich die Deckelung der Rechtsanwaltskosten auch bei Filesharing-Fällen anwendbar ist und diese Regelung ebenfalls mit der sog. Enforcement-Richtlinie (Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG) vereinbar sei.
Auch der Generalanwalt des EuGH führt in seinem Schlussantrag in der Rechtssache C‑559/20 Koch Media GmbH gegen FU hierzu aus, dass § 97a Absatz 3 Satz 2 UrhG nicht zu beanstanden sei. Was das übliche Ausmaß ist und nicht zu einer Unbilligkeit führt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dazu zählen u. a. die Aktualität des geschützten Werks, die Dauer der Veröffentlichung. Der BGH stellt bei der Aktualität darauf ab, ob das Werk „nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht“ wurde (BGH, GRUR 2016, 1275, Rn. 59 – Tannöd). Wie oben dargestellt wurde, kann dieser Zeitraum nach 5 Monaten bereits überschritten sein, eine Entscheidung des AG Düsselsdorf (AG Düsseldorf, Urteil vom 07.08.2018, Az.: 13 C 72/18, BeckRS 2018, 18535, Rn. 34) geht bei Computerspielen von 2 Monaten als umsatzstarke Erstverwertungsphase seit deren Veröffentlichung aus.
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