Bei Filesharing muss Täter außergerichtlich nicht benannt werden
BGH, Urteil vom 17.12.2020, Az.: I ZR 228/19
Der BGH hat entschieden und damit höchstrichterlich bestätigt, dass ein Internetanschlussinhaber bei Kenntnis des Täters einer über seinen Anschluss festgestellten Urheberrechtsverletzung durch Filesharing vorgerichtlich nicht dazu verpflichtet ist, diesen zu benennen.
In einem gerichtlicher Verfahren muss der Täter dann jedoch benannt werden, wenn dieser im Rahmen der Nachforschungspflicht ermittelt werden konnte. Nach Erhalt einer Abmahnung durch den Anschlussinhaber hat dieser jedoch keine Pflicht, den Täter zu ermitteln oder gar diesen namentlich zu benennen.
Vorgerichtlich genügt Hinweis auf weitere Nutzer, Täter muss weder ermittelt noch benannt werden
So stellte sich der Sachverhalt auch in dem vom BGH zu entscheidenden Fall so dar, dass der abgemahnte Anschlussinhaber nach Erhalt der Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung darauf hinwies, dass er selbst die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Vielmehr zeigte dieser auf, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung an dem Computerspiel „Saint Row 3“ weitere (vorübergehende) im Haushalt lebende Personen die Möglichkeit hatten, auf den Internetanschluss zuzugreifen. Diesen Umstand teilte der Anschlussinhaber den Rechtsanwälten des Rechteinhabers mit und benannte dabei keinen Täter, obwohl ihm dieser bereits bekannt gewesen ist.
Kein Schadensersatz bei Benennung des Täters erst im Gerichtsverfahren
Erst in dem dann nachfolgenden Gerichtsverfahren teilte der Anschlussinhaber im Rahmen der sekundären Darlegungslast mit, wer der Täter der Rechtsverletzung an dem Spiel „Saints Row 3“ ist. Daraufhin wollte die Gegenseite vom Anschlussinhaber Schadensersatz für die „unnötigen“ Verfahrenskosten, da der beklagte Anschlussinhaber durch „bewusstes Verschweigen der Identität des Täters“ die Rechteinhaber vorsätzlich sittenwidrig nach § 826 BGB geschädigt habe.
Doch dies sah der BGH anders und wies die Klage nach einer Schadensersatzpflicht gegen den Anschlussinhaber ab. In seiner Begründung führte dieser auf, dass eine vorgerichtliche Aufklärungspflicht von dem Anschlussinhaber gegenüber dem Rechteinhaber aufgrund einer fehlenden gesetzlichen Sonderverbindung zwischen diesen Personen nicht bestehe.
Welche Angaben muss ein Anschlussinhaber zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast machen?
Grundsätzlich besteht zunächst eine Täteschaftsvermutung gegen den Anschlussinhaber, d.h. es wird vermutet, dass der Anschlussinhaber auch der Täter/Verantwortliche der über dessen Anschluss abgemahnten Urheberrechtsverletzung ist. Dieser hat jedoch die Möglichkeit, diese Vermutung zu widerlegen. Hierfür hat der Anschlussinhaber einen Sachverhalt zu schildern, der die ihm vorgeworfene Tathandlung erschüttert. Dazu ist es notwendig, einen alternativen Sachverhaltsvorgang aufzuzeigen, der es möglich erscheinen lässt, dass auch auf andere Art und Weise, außer durch den Anschlussinhaber, die Rechtsverletzung begangen wurde. Für diese sog. sekundäre Darlegungslast ist erforderlich, dass der abgemahnte Anschlussinhaber plausibel und hinreichend detailliert nachweisen kann, dass während dem Zeitpunkt der abgemahnten Verletzungshandlung gleichfalls Dritte die Möglichkeit hatten, den Internetanschluss zu benutzen oder aber, dass der Anschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht ausreichend gesichert oder aber auch eine konkret beschriebene Sicherheitslücke einen Zugriff durch fremde unbekannte Dritte ermöglichte. Keinesfalls ist der Anschlussinhaber zu einem Beweis verpflichtet, dass er selbst die Rechtsverletzung nicht begangen hat. Gleichfalls geht die sekundäre Darlegungslast auch nicht so weit, dass dieser verpflichtet ist, einen Täter zu ermitteln und dann auch namentlich zu nennen.
Die bloße Behauptung theoretischer Möglichkeiten des Zugriffs von Dritten (z.B. Besuch, Gäste einer Feierlichkeiten, etc.) auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Es muss nämlich zudem mitgeteilt werden, wie denn diese Personen zum genannten Verletzungszeitpunkt hätten Zugriff nehmen können.
Welche Nachforschungspflichten bestehen für den Anschlussinhaber bei Abmahnung?
In diesem Rahmen ist der Anschlussinhaber laut BGH nach Erhalt der Abmahnung zu Nachforschungen verpflichtet. D.h. wenn der Anschlussinhaber selbst nicht verantwortlich ist, so soll er zumutbare Nachforschungen unternehmen.
Damit dieser in der Lage ist oder versetzt wird, mitzuteilen, welche Personen mit Rücksicht auf das Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die abgemahnte Urheberrechtsverletzung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. So hätten z.B. nicht sämtliche Gäste einer Party, aber möglicherweise der eingeladene DJ mit einem eigenen Laptop und Zugangsmöglichkeit durch Mitteilung des WLAN Passwortes die Möglichkeit und Gelegenheit dazu, die abgemahnte Rechtsverletzung begehen zu können. Die betreffenden für die Rechtsverletzung in Frage kommenden Personen sind dann auch zur vorgeworfenen Handlung zu befragen und konkret zur Kenntnis des abgemahnten Werks oder z.B. auch zur Nutzung von entsprechender Software. In einem gerichtlichen Verfahren sind diese dabei gewonnenen Erkenntnisse mitzuteilen. Bei Wissen des Täters, ist dieser zumindest in einem gerichtlichen Verfahren dann auch zu benennen.
Eine Pflicht zur Täterbenennung besteht jedoch auch nur dann, wenn im Rahmen dieser Nachforschungspflichten der Täter auch ausfindig gemacht und ermittelt werden konnte, ansonsten genügt die vorgenannte Erfüllung der sekundären Darlegungslast, durch das Aufzeigen der alternativen konkreten Möglichkeiten durch Dritte und die Erfüllung der vorgenannten Nachforschungspflichten.
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